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Infos zu Ultranet

Gleichstrom kann über große Strecken verlustärmer geleitet werden als Wechselstrom. Das ist besonders bei großen Mengen und Entfernungen relevant, daher wurden in Deutschland 3 neue Gleichstromtrassen per Gesetz (NABEG) festgelegt, die Strom von Windparks im Norden nach Süddeutschland bringen sollen (Quelle 1). Bei Ultranet werden Gleich- und Wechselstrom auf einem gemeinsamen Masten geführt.

 

Die drei Korridore verlaufen:
A: Emden-Osterath = Erdkabel; Osterath-Philippsburg = Ultranet (Freileitung)
C: "Südlink": Wilster-Bergrheinfeld, Brunsbüttel-Großartach = Erdkabel
D: "Südostlink": Wolmirstedt-Isar= Erdkabel

Nach massivem Protest der bayerischen Landesregierung wurde auch für die Korridore C und D Erdkabel vorgesehen. Ausschließlich bei uns wurde von Osterath nach Philippsburg statt der Erdkabel eine Hochspannungsleitung in Form des Ultranet vorgesehen. Diese Strecke wird als Versuchsstrecke bezeichnet.

 

Da dann hier bei uns bestehende Leitungen aufgerüstet werden, handelt es sich nicht um einen Neubau. Dieser müsste einen Mindestabstand von 400m zur Wohnbebauung einhalten - dieser Sicherheitsabstand wird hier also legal unterschritten. Im NABEG werden Erdkabel nicht vorgeschrieben, aber auch nicht ausgeschlossen. Die Firma Amprion hat eine Erdkabelverlegung schlicht nicht beantragt. Leider fehlt uns hier die politische Unterstützung (siehe Bayern für die anderen Strecken), ein Erdkabel bei uns durchzusetzen.

Wie weit sind die Planungen?

Die genehmigende Behörde ist die Bundesnetzagentur (BUNetzAG) in Bonn. (s. unten Quelle 2). Es sind bekanntermaßen sehr hohe Hochspannungsmasten in Hürth- Efferen und Meschenich gebaut worden. Da die Bundesnetzagentur am 28.02.2022 entschieden hat, von Osterath nach Philppsburg die Hybridleitung Ultranet zu bauen, ist klar, dass diese Masten neben Wechselstrom auch für den gleichzeitigen Gleichstromtransport genutzt werden. Eine Klage ist laut NABEG rechtlich auf die Planfeststellung beschränkt. Diese Planfeststellung wurde von Amprion im Mai 2022 beantragt, die Entscheidung darüber wird von der Bundesnetzagentur erst für Ende 2024 erwartet. Dadurch wird eine Klage vor Gericht erst dann möglich sein. (Anlässlich des Planfeststellungsantrages fand am 21.06.2022 in Siegburg eine Konferenz mit öffentlicher Beteiligung statt. Wir von der IG Hürth kritisierten dort nachdrücklich, dass die Bundesnetzagentur die Strecke festlegt, obwohl es damals noch kein Urteil zu unserer Klage gegen die Errichtung der neuen sehr hohen Masten z.B. in Efferen gab. Unsere Kritik wurde lediglich zur Kenntnis genommen. Inzwischen hat das Bundesverwaltungsgericht die Masten genehmigt.)

 

Amprion hat als Besonderheit eine sogenannte Umschaltoption beantragt. Das bedeutet, dass Gleichstromleitungen auch alternativ Wechselstrom transportieren können. Laut Amprion sei dies nur kurzfristig bei Störungen oder Arbeiten an der Gleichstromanlage geplant. (Beispiel: Arbeit an Konvertern, die Gleichstrom in Wechselstrom und umgekehrt wechseln können) Ein solcher Konverterbau ist u.a. für Meerbusch geplant.

 

Wenn eine solche Umschaltung länger dauert, ist die Belastung durch elektromagnetische Felder größer. Unsere Erfahrung mit der Firma Amprion hat gezeigt, dass viele Versprechungen gegeben werden, daher werden wir bei diesen "Ausnahmen" besonders aufmerksam sein. Zur Zeit wird für Ultranet die Tier- und Pflanzenwelt aufgezeichnet (siehe Ankündigung der Firma Amprion im Amtsblatt der Stadt Hürth vom 09.08.2022 (s. unten Quelle 3)).

 

Welche Auswirkungen hat "Ultranet"?

Gleichstromleitungen verursachen bei trockenem Wetter Geräusche, Wechselstromleitungen bei feuchter Witterung. Daraus resultiert eine pausenlose Lärmbelastung durch Ultranet. Die Firma Amprion hat eine Sonderfallprüfung beantragt, weil die zulässigen Grenzwerte für Lärm überschritten werden. Der Abstand zur Wohnbebauung ist in Efferen und Meschenich mit ca. 35-50m viel geringer als bei Freileitungen gesetzlich vorgeschrieben. Legal wird dies, weil Ultranet wie gesagt hier als Versuchsstrecke gilt und bestehende Leitungen benutzt werden. Die für Neubauten festgelegten Abstandsregeln gelten dabei nicht. Die Bundesnetzagentur hat nur angemahnt, dass die Firma Amprion für eine Minderung der Lärmbelastung sorgen soll. Unsere Befürchtung ist, dass die Bundesnetzagentur die Sonderfallprüfung für die höhere Lärmbelastung sowohl im Normalbetrieb (Gleich-und Wechselstrom) als auch in der Umschaltoption (nur Wechselstrom) genehmigen wird.

 

Von der Hochschule ETH Zürich gibt es eine wissenschaftliche Arbeit aus 2020 über: „Gesundheitliche Wirkung von Hybridleitungen“. (s. unten Quelle 4) (DC= Gleichstrom, AC= Wechselstrom, HDÜ= HochspannungsDrehstromÜbertragung = Hochspannungs-Wechselstrom)

 

"Die Lärmemission ist aus Belästigungs- und gesundheitlicher Sicht wahrscheinlich am problematischsten und bei Hybridleitungen besonders zu beachten. Weil die Belastungen von DC- Lärm bei gutem Wetter höher sind als bei schlechtem (bei AC ist es genau umgekehrt), kann ein AC/DC- Korridor mehr Koronalärm (in Jahresstunden) verursachen als ein HDÜ- Korridor. Die gegenseitige Einkoppelung der AC und DC-Felder erhöht zudem die Koronaaktivitäten, so dass auch hier mit höheren Lärmwerten gerechnet werden muss. Findet eine Leistungskonversion HDÜ zu Hybrid statt, so haben Anwohner mit mehr Lärm zu rechnen, was die Akzeptanz eines solchen Projektes verschlechtern dürfte. Mit Lärmsimulationen können die technischen Parameter (bei Neuleitungen auch die Linienführung) optimiert werden. Mit experimentellen Studien könnte die Stresswirkung von Lärm untersucht werden; mit epidemiologischen Studien die für Lärm relevanten Gesundheitseffekte auf das Herz-Kreislaufsystem, den Stoffwechsel und die Psyche. Solche Daten liegen noch nicht vor." (Seite 74/75; Quelle 4).

 

Die direkte Wirkung der elektromagnetischen Gleichstromfelder auf die Gesundheit soll bei großem Abstand zur Leitung sehr gering sein. Indirekte Wirkungen gibt es darüber hinaus, weil es um die Leitungen herum zu Entladungen kommt, den sogenannten Korona Entladungen. Dabei entstehen elektrisch geladene Teilchen, die mit dem Wind verdriften und eingeatmet werden können. Die gesundheitliche Schädigung soll gering sein, da die Teilchen mit dem Wind verdünnt werden. Die Strahlenschutzkommission hält genauere Untersuchungen wie Langzeitstudien für nötig, diese fehlen aber. Diese Untersuchungen haben wir immer wieder, sowohl bei der Antragskonferenz als auch vor Gericht im Juli 2022 angemahnt.

 

Also gibt es über die gesundheitlichen Risiken des Ultranet auf der Welt wenig Erfahrung. Die geplante Leitung muss als Experiment bezeichnet werden, an dem wir teilzunehmen nicht genötigt werden wollen.

Quellen:

Quelle 1: NABEG = Netzausbaubeschleunigungsgesetz Übertragungsnetz vom 28.07.2011

https://www.gesetze-im-internet.de/nabeg/BJNR169010011.html

 

Quelle 2: Die Pläne für die 3 Nord Süd Leitungen finden sich unter: https://www.netzausbau.de/Vorhaben/ansicht/de.html?cms_gruppe=bbplg&cms_nummer=2

Quelle 3: Amtsblatt der Stadt Hürth Nr. 35 vom 09.08.2022: https://www.huerth.de/vv/produkte/rathaus/dezernat2/hauptamt/organisation/amtsblatt.php

 

Quelle 4: Studie der ETH Zürich (2020)„Gesundheitliche Wirkung von Hybridleitungen https://mkuem.rlp.de/fileadmin/14/Themen/Umweltschutz/Nichtionisierende_Strahlung/Studie_Gesundheitliche_Wirkungen_von_Hybridleitungen.pdf

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